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Wärmewende — they did it again

Lese­dau­er 3 Minu­ten

Nach­dem die FDP durch die reich­lich illu­so­ri­sche Dis­kus­si­on über eFuels bei den Wäh­lern gepunk­tet hat, scheint die­se Art der Dis­kus­si­on nun in Serie zu gehen. Nächs­te Fol­ge: Wär­me­wen­de. Ein wei­te­rer sehr infor­ma­ti­ver Bei­trag unse­res mei­nungs­star­ken Schrei­bers Tho­mas Damrau.

In der Tat ist die Umstel­lung der Heiz­in­fra­struk­tur auf CO2-arme Lösun­gen eine Her­aus­for­de­rung. Der typi­sche Erfolgs-Bericht über einen Umbau der Hei­zung zeigt den gut situ­ier­ten Haus­be­sit­zer, der stolz erzählt, wie er sein (bereits gedämm­tes) Ein­fa­mi­li­en­haus mit Solar­zel­len und Wär­me­pum­pe auf­ge­rüs­tet hat. Die­ses Sze­na­rio schei­nen auch die Grü­nen im Hin­ter­kopf zu haben, wenn sie über die Wär­me­wen­de spre­chen. Sobald wir einen Bau­stein des Sze­na­ri­os (gut situ­iert, Eigen­heim, bereits gedämmt, …) her­aus­neh­men, wird die Umstel­lung schon erheb­lich schwieriger.

Ent­spre­chend sind die Bür­ge­rIn­nen ver­un­si­chert. Um die­se Ver­un­si­che­rung abzu­bau­en, waren bis­her mas­si­ve finan­zi­el­le Zuschüs­se und der Aus­bau der Fern­wär­me in der Dis­kus­si­on. Bis die FDP beschloss, die Erfolgs­ge­schich­te der eFuel-Attacke zu klonen:

  • Es beginnt mit der For­de­rung, die Regie­rung dür­fe den Bür­gern die Lösung der Hei­zungs­fra­ge nicht vor­schrei­ben. Man müs­se „technologie-offen“ sein und dem Markt das Aus­sor­tie­ren der tech­ni­schen Optio­nen überlassen.
  • Die Rol­le der eFuels wird vom „kli­ma­neu­tra­len Was­ser­stoff“ übernommen.
  • Und schon sieht es so aus, als ob das The­ma Wär­me­wen­de durch den Ein­bau eines „H2-ready“ Gas­bren­ners gelöst wer­den könne.

Wer die­se Fol­ge von „Die FDP löst Ihre Pro­ble­me mit einem Feder­strich“ nach­hö­ren möch­te, sei auf ein Inter­view mit dem FDP-Fraktions-Chef Dürr ver­wie­sen. (Es ist wie­der ein­mal erschre­ckend, wie wenig der Redak­teur in die­sem Inter­view kri­tisch nachhakt.)

Nun kann man natür­lich Hei­zun­gen bau­en, die Was­ser­stoff ver­bren­nen kön­nen. Dabei kom­men vie­le Bren­ner, die heu­te mit H2-ready bewor­ben wer­den, nur mit klei­nen Bei­mi­schun­gen von Was­ser­stoff zu Erd­gas zurecht – aber das ist ver­mut­lich tech­nisch lösbar.

Spann­der ist die Fra­ge, wo der Was­ser­stoff her­kom­men soll – und zwar unter zwei Aspekten:

1. Wie viel Was­ser­stoff steht zur Ver­fü­gung? Im Augen­blick ist Was­ser­stoff ein knap­pes und teu­res Gut. Das mag sich in den nächs­ten Jahr­zehn­ten ändern. Aber die vage Aus­sicht, es kön­ne in 25 Jah­ren Was­ser­stoff in aus­rei­chen­der Men­ge zur Ver­fü­gung ste­hen, hilft natür­lich heu­te bei der Aus­wahl der Hei­zungs­tech­no­lo­gie nicht weiter.

2. Wie kommt der Was­ser­stoff zum Ver­brau­cher? Das exis­tie­ren­de Gas­netz bie­tet sich schein­bar an. Es gibt unter­schied­li­che Mei­nun­gen, ob die­ses Netz mit rei­nem Was­ser­stoff zurecht kom­men wird. Noch grund­le­gen­der ist aller­dings die Fra­ge, wie man mit dem­sel­ben Netz gleich­zei­tig Hei­zun­gen ver­sor­gen kann, die zum einen Teil 100% Was­ser­stoff ver­tra­gen und zum ande­ren Teil rein auf Erd­gas aus­ge­rich­tet sind. Daher müss­ten sepa­ra­te Lei­tun­gen für Was­ser­stoff und Gas ver­legt wer­den. Das ist auf­grund der rie­si­gen Inves­ti­ti­ons­kos­ten utopisch.

Wir erken­nen das­sel­be Mus­ter wie bei den eFuels:

  • Es wird eine theo­re­tisch mög­li­che Lösung vorgeschlagen.
  • Die nöti­gen Vor­aus­set­zun­gen wer­den nicht thematisiert.
  • Zeit- und Geld­be­darf wer­den ausgeblendet.
  • Die Lösung wird in vie­len Medi­en unkri­tisch weiterverbreitet.
  • Die Bür­ger wer­den ver­un­si­chert: „Kann ich die Pro­spek­te für die­se blö­den e‑Autos doch weg­wer­fen?“, „Gibt es beim The­ma Hei­zen die klei­ne Lösung?“
  • Der Markt reagiert, wie Märk­te nun mal reagieren: 
    • Wer bis­her mit fos­si­len Tech­ni­ken Geld ver­dient, greift dank­bar nach dem Stroh­halm und modi­fi­ziert exis­tie­ren­de Produkte.
    • Wer die schein­bar ein­fa­che­re Lösung nach­fragt, wird einen Anbie­ter finden.
  • Die Ver­brau­cher stel­len nach eini­gen Jah­re fest, dass die nöti­ge Infra­struk­tur für ihre Anschaf­fung (eFuel-PKW, Wasserstoff-Heizung) fehlt. Dann wird unwei­ger­lich die For­de­rung fol­gen, mit Die­sel wei­ter fah­ren und mit Erd­gas hei­zen zu dürfen.

Die Apo­lo­ge­ten des Mark­tes ver­ges­sen ger­ne, dass „Der Markt“ sich in ers­ter Linie an Gewinn­erwar­tun­gen ori­en­tiert. Solan­ge Geld ver­dient wer­den kann, ist es zweit­ran­gig, ob ein Pro­dukt tat­säch­lich ein Pro­blem löst. Und bis der Ver­brau­cher merkt, dass er auf’s fal­sche Pferd gesetzt hat, und bis das letz­te Fünk­chen Hoff­nung erlo­schen ist, ver­ge­hen gera­de bei teu­ren Inves­ti­tio­nen oft Jahre.

Haben wir wirk­lich die Zeit (und das Geld), um uns mit aben­teu­er­li­chen Lösungs­an­sät­zen zu verzetteln?

PS: Rea­lis­ti­scher ist es, eine Wasserstoff-Heizung mit Strom vom eige­nen Dach zu betreiben.

Text: Tho­mas Damrau

Foto: Pix­a­bay Dani­el Kirsch

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