Seit mehr als 40 Jahren gibt es in Tübingen ein kleines Familienunternehmen namens HolunderBlütenWunder. Aus handgepflückten Holunderblüten stellt es köstliche Sirupe her, die regional, vornehmlich an die Gastronomie, vertrieben werden.
Am Anfang tingelte Vater Robert Deimel jeden Sommer über den Tübinger Marktplatz und bot eisgekühlte Getränke aus dem aromatischen Sirup an, hergestellt nach einem alten Familienrezept von Oma Martha. Cafés und Gaststätten wurden aufmerksam; das Geschäft entwickelte sich prächtig.
„Unsere Holunderblüten sind biozertifiziert. Dafür gibt es wenig Anbieter. Wir mussten lange danach suchen, bis wir schließlich am Bodensee fündig wurden“, sagt Tochter Malena Medam. Denn das gehöre für sie zum nachhaltigen Wirtschaften dazu: Biozutaten, soweit möglich regional bezogen. Für die Frische sorgen Biozitronen aus Italien. Nachhaltigkeit vor Schönheit ist eine weiter Devise: Gerne hätte die 38-Jährige für das Abfüllen hübschere Glasflaschen, doch natürlich setzt HolunderBlütenWunder Pfandflaschen ein, und da sei die Auswahl leider sehr begrenzt und wenig ansprechend.
Soziales Handeln fließt selbstverständlich in die Philosophie ein: Ein Teil des jährlichen Gewinnes geht als Spende an soziale Projekte. „Für mich gehört die persönliche Kundenpflege ebenso dazu wie auch ein soziales Miteinander innerhalb der Firma. Wichtig ist, dass es menschlich stimmt und es uns allen gut geht.“ Letzten Sommer gab es aufgrund der Pandemie einen großen Umsatzeinbruch. Man hoffe nun auf eine bessere Saison.
Ein Firmenleitsatz lautet: Keep it simple. „Unser Portfolio ist mit vier verschiedenen Sirupsorten bewusst übersichtlich gehalten. Für uns steht im Fokus: beste Qualität und Frischegeschmack, auf der Basis von über die Jahre verfeinerte Rezepte. Zu unserem 40jährigen Jubiläum 2019 kreierten wir zusätzlich ein edles Tröpfchen: Eine Art Holunderblütenschaumwein in traditioneller Flaschengärung. Die Menschen rannten uns die Bude ein. Derzeit ist unsere Bio-HolunderBlütenPerle wieder in der neunmonatigen Flaschengärung für die Saison 2022.“
Sirupe aus frischen Holunderblüten haben im Verkauf Seltenheitswert. Denn die Ernte ist ganz schön knifflig. „Am besten erntet man die Blüten, wenn es heiß und trocken ist. Sie müssen à point gepflückt werden: Sind die Blüten noch verschlossen, ist es zu früh für die Ernte, sind sie schon stark am Blühen, ist es zu spät, weil die Pollen bereits verflogen sind. Die Pollen aber sind die Geschmacksträger, ohne sie ist das Aroma eine fade Angelegenheit.“
Holunder ist zudem gesund und wird seit jeher als Hausmittel eingesetzt, etwa bei Erkältungskrankheiten. Er soll entzündungshemmende und schmerzstillende Wirkung haben. Die Beeren sind reich an Vitamin C und B. Aufgrund seiner großen Heilwirkung zollte man früher dem Holunderbaum Respekt: Es gab den Brauch, vor ihm den Hut zu ziehen.
Wenn der Holunder blüht, machen sich viele auf, Dolden zu sammeln und ihren eigenen Sirup herzustellen. Damit ein hausgemachter Sirup mit Frischekick gelingt, hat Malena Medam einen einfachen Tipp parat: „Weniger Zucker nehmen als das Rezept vorgibt, dafür mehr Blüten und mehr Zitrone!“
Zu guter Letzt unser kleiner neckar-alb.blog Fragebogen an Malena Medam.
Welches Auto fahren Sie?
Einen Ford Focus
Welche kleine Biosünde gönnen Sie sich?
Dass ich ein Auto habe. Ich habe auch sehr mit dem Kauf gehadert. Aber wegen des Kindes entschieden wir uns dafür. Eigentlich ein Widerspruch in sich, eine Familie zu gründen und sich dann ein Auto zu kaufen.
Wie sieht die Welt von morgen aus?
Nicht rosig. Die Vorstellung von Zukunft macht mir manchmal ziemlich Angst. Doch die Hoffnung stirb zuletzt. Und die guten Taten zählen.
Ihre Empfehlung für einen weiteren Blogbeitrag?
Solidarische Landwirtschaft, in Tübingen macht das Streuobst-Solawi. Ansprechpartner ist Hermann Kley. Ich finde das Solawi-Konzept toll: Mitglieder verpflichten sich, landwirtschaftliche Produkte eines Hofes abzunehmen. Es ist regional, und die Anbauer haben einen festen Lohn und können besser planen.