Das Institut URKE, das sind Vater Stefan und Sohn Jan Urke, mit Fokus auf Coaching zu einer nachhaltigen Unternehmensführung. In ihren 20-Minuten-Impulsen teilen sie online gerne ihr umfangreiches Know-how. Mit Stefan Urke unterhielt ich mich darüber, was nachhaltige Unternehmensführung ausmacht.
Auf Ihrer Website ist zu lesen, dass Sie Ihre Kompetenz nur noch im Sinne einer nachhaltigen, regenerativen Wirtschaft einsetzen wollen. Seit wann widmen Sie sich so konsequent dem klimabewussten Unternehmenswandel?
Diese konsequente Ausrichtung haben wir Anfang vergangenen Jahres für uns so festgeschrieben. Der Anlass war, dass die starken Impulse durch die Nachhaltigkeitsziele der UN (SDG), das Pariser Klimaabkommen oder die Fridays-for-Future-Bewegung in der Wirtschaft noch nicht wirklich angekommen sind.
Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Ich glaube, den meisten geht es wie mir. Das Thema liegt ja vielen am Herzen. Privat verhält man sich verantwortungsbewusst und denkt an Klima und Umwelt. Im Job dann hat man eine Rolle, es gelten andere Spielregeln. Das ist halt so. Allmählich sickert dann ins Bewusstsein, dass wir alle jeden Tag zu den inzwischen offensichtlichen Katastrophen und Problemen dieses Planeten beitragen. Ein starker Impuls war dann die Weiterbildung an der Cambridge University. Dann erst wurden die Dimension des Problems, die systemischen Zusammenhänge und vor allem die Rolle des herrschenden Weltwirtschaftssystems und damit des heutigen Unternehmertums richtig deutlich.
Wie definieren Sie/wie definiert sich im Kern nachhaltige Unternehmensführung?
Ich sage erst einmal, was es nicht ist: „nachhaltige“ Projekte aufsetzen, wenn und soweit sie auch Kosteneinsparungen bringen oder das Image als Unternehmen oder Arbeitgeber auffrischen. Das ist Greenwashing. Natürlich sind die oben beschriebenen Effekte auch bei echt nachhaltigen Unternehmen zu beobachten. Hier kommt aber die ethische Komponente hinzu. Ein nachhaltiges Unternehmen leistet einen positiven Betrag zur Gesellschaft und der belebten Natur als übergeordnetem System. Peter Senge vom MIT nennt das System Value, und das steht im Gegensatz zum tradierten Shareholder Value, in welchem Natur und Menschen lediglich Ressourcen sind.
Wie nachhaltig sind Unternehmen bereits aufgestellt? Wie sind da Ihre Erfahrungen?
Wir beobachten in den Unternehmen, dass grünes Denken sich in den Büroetagen allmählich etabliert. Hier finden wir auch die sichtbarsten Entwicklungen wie vegane Angebote in der Kantine oder das Job-Rad. In der Produktion ist auch eine gewisse Affinität zur Nachhaltigkeit erkennbar, weil Energiesparen und Prozesse zu optimieren einhergeht mit Effizienz und Kosteneinsparung. Wenn wir Lieferketten betrachten, wird es schon problematischer: Woher das Kobalt kommt oder ob Menschenrechte eingehalten werden – das ist weiter weg. Schließlich ist ein Totschlagargument, wenn es um das Kerngeschäft, die Kundenseite geht, der Kundenwunsch: Es ist tief verwurzelt, das anzubieten, was der Kunde haben will. Nachhaltiges Unternehmertum hat aber auch hier Verantwortung, zum Beispiel für das Recycling von Verpackungen oder die Klima-Auswirkungen.
Was ist falsch daran, sich an Kundenwünschen zu orientieren?
Daran ist nichts falsch, zumindest nicht alles. Aber es gibt nachhaltige Gründe, die Kundenorientierung zu überdenken. Ich kann Ihnen veranschaulichen, worauf ich hinauswill: 2019 startete Julia Klöckner die Kampagne „Du entscheidest“. Die Botschaft dahinter: Wir setzen das, was der EuGH vorschreibt, nämlich ein Verbot der Massentierhaltung, nicht um. Das entscheidet der Verbraucher. Die Verantwortung wurde somit auf den Kunden abgewälzt, und dem ist Tierwohl dann offenbar mehrheitlich egal. Lidl hat erst kürzlich eine Aktion für Biofleisch mangels Nachfrage wieder eingestampft. Ganz aktuell zeigt nun Aldi die Verantwortung, die ich mir eigentlich von der Politik erwarte: Bis 2030 wird Aldi komplett Billigfleisch aus dem Programm nehmen. Zur Verdeutlichung, was das mit Verantwortung auch gegen Kundenwünsche zu tun hat: Es geht hier um einen Anteil am Fleischumsatz von 88 Prozent!
Wie stoßen Sie Transformation in den Unternehmen an?
Die Basis ist eine starke nachhaltige Vision. Die Einstiegsfrage kann lauten: Wie sieht unser Unternehmen 2030 aus? Die mögliche Umsetzung der einzelnen Schritte erfolgt aus einer Rückwärtsbetrachtung aus dieser Vision heraus. Daraus generieren wir gemeinsam mit unseren Mandanten eine zum Unternehmen passende Nachhaltigkeitsstrategie. Wir scheuen uns nicht davor, auch Ansätze zu formulieren, die gedanklich zu verfolgen erst mal schwerfällt, ja – weh tut, wie etwa: Wovon müssen wir uns für ein überzeugendes und funktionierendes Nachhaltigkeitsmanagement sukzessive verabschieden? Von welchen Kunden, Prozessen, Inhaltsstoffen? Gleichzeitig muss man sich entscheiden: Was/Wie viel können wir verantworten? Was bringt Umsatz, der uns die Transformation finanziell überhaupt ermöglicht? Schließlich: Was sind die Dinge, die wir voranbringen müssen? Essenziell ist eine Strategie, die verkraftbar ist. Und Menschen zu überzeugen und emotional für die Sache zu gewinnen.
Ihr Coaching besteht also zu einem nicht unerheblichen Teil aus Überzeugungsarbeit?
Um eine Transformation zu erreichen, brauchen wir die Zustimmung der Entscheider. Ohne die Unterstützung des Geschäftsführers, des CEO, des Firmeninhabers funktioniert es nicht. Deshalb ist es wichtig, diese von Beginn an einzubinden, sie argumentativ abzuholen und schließlich gemeinsam eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln. Wenn Führungskräfte und Mitarbeitende dahinterstehen, dann entsteht eine kraftvolle, nachhaltige Unternehmenskultur. Dabei helfen wir, das ist unser Job.
Mit Ihren Angeboten im Netz möchten Sie offensichtlich weitere Mitstreiter gewinnen.
Um die Wirtschaft im Sinne von Mensch und Natur nachhaltiger zu gestalten, teilen wir gerne unser über Jahre gewachsenes Know-How. Wie etwa mit unseren 20-Minuten-Impulsen, einer regelmäßigen Online-Veranstaltung mit abwechselnden Schwerpunkten zur nachhaltigen Unternehmensführung. Das bieten wir bewusst kostenlos an, denn: Je mehr wir werden, desto besser!
Die 20-Minuten-Impulse richten sich an Entscheider, Nachhaltigkeitsverantwortliche in Unternehmen, sind aber auch für alle klimabewussten Menschen interessant. Die Termine werden regelmäßig über LinkedIn und XING bekanntgegeben.
Zu guter Letzt unser kleiner neckar-alb.blog-Fragebogen an Stefan Urke:
Welches Auto fahren Sie?
Tesla Model 3
Welche kleine Biosünde gönnen Sie sich?
Ich gehe gerne und oft in meine Sauna.
Wie sieht die Welt von morgen aus?
Ich weiß es nicht! Es gibt viele positive Entwicklungen, aber auch ganz viele Bremser. Gemessen an den Problemen unseres schönen Planeten ist vieles „too little – too late“.
Ihre Empfehlung für einen weiteren Blogbeitrag?
Der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft vertritt die Interessen verantwortungsbewusster Unternehmen. Im Gegensatz zu vielen anderen Interessenverbänden hat der BNW nicht möglichst laxe Regeln, sondern hohe Nachhaltigkeitsstandards für alle auf der Agenda.
Bild: Stefan und Jan Urke, © URKE
Fakten zu URKE
Das Institut Urke im hessischen Wettenberg, das sind Vater Stefan und Sohn Jan, mit Fokus auf Coaching zu einer nachhaltigen Unternehmensführung. Stefan Urke hat nach einem BWL-Studium im Verkaufsmanagement gearbeitet. Es folgte eine Ausbildung zum Management-Coach. Er ist seit über 20 Jahren selbstständig, mit Schwerpunkt Führungskräfteentwicklung. Sohn Jan bezeichnet sich selbst als Digital Native und entwickelt unter anderem Online-Bildungsangebote. Beide haben die Zusatzqualifikation der University of Cambridge zum Business Sustainability Manager. Ihr gemeinsames Ziel ist es, Unternehmen und Menschen bei einer erfolgreichen Transformation zu unterstützen sowie nachhaltige Unternehmen zum Erfolg zu verhelfen.