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„Je mehr wir werden, desto besser“

Lese­dau­er 5 Minu­ten

Das Insti­tut URKE, das sind Vater Ste­fan und Sohn Jan Urke, mit Fokus auf Coa­ching zu einer nach­hal­ti­gen Unter­neh­mens­füh­rung. In ihren 20-Minuten-Impulsen tei­len sie online ger­ne ihr umfang­rei­ches Know-how. Mit Ste­fan Urke unter­hielt ich mich dar­über, was nach­hal­ti­ge Unter­neh­mens­füh­rung ausmacht.

Auf Ihrer Web­site ist zu lesen, dass Sie Ihre Kom­pe­tenz nur noch im Sin­ne einer nach­hal­ti­gen, rege­ne­ra­ti­ven Wirt­schaft ein­set­zen wol­len. Seit wann wid­men Sie sich so kon­se­quent dem kli­ma­be­wuss­ten Unternehmenswandel?

Die­se kon­se­quen­te Aus­rich­tung haben wir Anfang ver­gan­ge­nen Jah­res für uns so fest­ge­schrie­ben. Der Anlass war, dass die star­ken Impul­se durch die Nach­hal­tig­keits­zie­le der UN (SDG), das Pari­ser Kli­ma­ab­kom­men oder die Fridays-for-Future-Bewegung in der Wirt­schaft noch nicht wirk­lich ange­kom­men sind.

Gab es ein Schlüsselerlebnis?

Ich glau­be, den meis­ten geht es wie mir. Das The­ma liegt ja vie­len am Her­zen. Pri­vat ver­hält man sich ver­ant­wor­tungs­be­wusst und denkt an Kli­ma und Umwelt. Im Job dann hat man eine Rol­le, es gel­ten ande­re Spiel­re­geln. Das ist halt so. All­mäh­lich sickert dann ins Bewusst­sein, dass wir alle jeden Tag zu den inzwi­schen offen­sicht­li­chen Kata­stro­phen und Pro­ble­men die­ses Pla­ne­ten bei­tra­gen. Ein star­ker Impuls war dann die Wei­ter­bil­dung an der Cam­bridge Uni­ver­si­ty. Dann erst wur­den die Dimen­si­on des Pro­blems, die sys­te­mi­schen Zusam­men­hän­ge und vor allem die Rol­le des herr­schen­den Welt­wirt­schafts­sys­tems und damit des heu­ti­gen Unter­neh­mer­tums rich­tig deutlich.

Wie defi­nie­ren Sie/wie defi­niert sich im Kern nach­hal­ti­ge Unter­neh­mens­füh­rung?

Ich sage erst ein­mal, was es nicht ist: „nach­hal­ti­ge“ Pro­jek­te auf­set­zen, wenn und soweit sie auch Kos­ten­ein­spa­run­gen brin­gen oder das Image als Unter­neh­men oder Arbeit­ge­ber auf­fri­schen. Das ist Green­wa­shing. Natür­lich sind die oben beschrie­be­nen Effek­te auch bei echt nach­hal­ti­gen Unter­neh­men zu beob­ach­ten. Hier kommt aber die ethi­sche Kom­po­nen­te hin­zu. Ein nach­hal­ti­ges Unter­neh­men leis­tet einen posi­ti­ven Betrag zur Gesell­schaft und der beleb­ten Natur als über­ge­ord­ne­tem Sys­tem. Peter Sen­ge vom MIT nennt das Sys­tem Value, und das steht im Gegen­satz zum tra­dier­ten Share­hol­der Value, in wel­chem Natur und Men­schen ledig­lich Res­sour­cen sind.

Wie nach­hal­tig sind Unter­neh­men bereits auf­ge­stellt? Wie sind da Ihre Erfahrungen?

Wir beob­ach­ten in den Unter­neh­men, dass grü­nes Den­ken sich in den Büro­eta­gen all­mäh­lich eta­bliert. Hier fin­den wir auch die sicht­bars­ten Ent­wick­lun­gen wie vega­ne Ange­bo­te in der Kan­ti­ne oder das Job-Rad. In der Pro­duk­ti­on ist auch eine gewis­se Affi­ni­tät zur Nach­hal­tig­keit erkenn­bar, weil Ener­gie­spa­ren und Pro­zes­se zu opti­mie­ren ein­her­geht mit Effi­zi­enz und Kos­ten­ein­spa­rung. Wenn wir Lie­fer­ket­ten betrach­ten, wird es schon pro­ble­ma­ti­scher: Woher das Kobalt kommt oder ob Men­schen­rech­te ein­ge­hal­ten wer­den – das ist wei­ter weg. Schließ­lich ist ein Tot­schlag­ar­gu­ment, wenn es um das Kern­ge­schäft, die Kun­den­sei­te geht, der Kun­den­wunsch: Es ist tief ver­wur­zelt, das anzu­bie­ten, was der Kun­de haben will. Nach­hal­ti­ges Unter­neh­mer­tum hat aber auch hier Ver­ant­wor­tung, zum Bei­spiel für das Recy­cling von Ver­pa­ckun­gen oder die Klima-Auswirkungen.

Was ist falsch dar­an, sich an Kun­den­wün­schen zu orientieren?

Dar­an ist nichts falsch, zumin­dest nicht alles. Aber es gibt nach­hal­ti­ge Grün­de, die Kun­den­ori­en­tie­rung zu über­den­ken. Ich kann Ihnen ver­an­schau­li­chen, wor­auf ich hin­aus­will: 2019 star­te­te Julia Klöck­ner die Kam­pa­gne „Du ent­schei­dest“. Die Bot­schaft dahin­ter: Wir set­zen das, was der EuGH vor­schreibt, näm­lich ein Ver­bot der Mas­sen­tier­hal­tung, nicht um. Das ent­schei­det der Ver­brau­cher. Die Ver­ant­wor­tung wur­de somit auf den Kun­den abge­wälzt, und dem ist Tier­wohl dann offen­bar mehr­heit­lich egal. Lidl hat erst kürz­lich eine Akti­on für Bio­fleisch man­gels Nach­fra­ge wie­der ein­ge­stampft. Ganz aktu­ell zeigt nun Aldi die Ver­ant­wor­tung, die ich mir eigent­lich von der Poli­tik erwar­te: Bis 2030 wird Aldi kom­plett Bil­lig­fleisch aus dem Pro­gramm neh­men. Zur Ver­deut­li­chung, was das mit Ver­ant­wor­tung auch gegen Kun­den­wün­sche zu tun hat: Es geht hier um einen Anteil am Fleisch­um­satz von 88 Prozent!

Wie sto­ßen Sie Trans­for­ma­ti­on in den Unter­neh­men an?

Die Basis ist eine star­ke nach­hal­ti­ge Visi­on. Die Ein­stiegs­fra­ge kann lau­ten: Wie sieht unser Unter­neh­men 2030 aus? Die mög­li­che Umset­zung der ein­zel­nen Schrit­te erfolgt aus einer Rück­wärts­be­trach­tung aus die­ser Visi­on her­aus. Dar­aus gene­rie­ren wir gemein­sam mit unse­ren Man­dan­ten eine zum Unter­neh­men pas­sen­de Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie. Wir scheu­en uns nicht davor, auch Ansät­ze zu for­mu­lie­ren, die gedank­lich zu ver­fol­gen erst mal schwer­fällt, ja – weh tut, wie etwa: Wovon müs­sen wir uns für ein über­zeu­gen­des und funk­tio­nie­ren­des Nach­hal­tig­keits­ma­nage­ment suk­zes­si­ve ver­ab­schie­den? Von wel­chen Kun­den, Pro­zes­sen, Inhalts­stof­fen? Gleich­zei­tig muss man sich ent­schei­den: Was/Wie viel kön­nen wir ver­ant­wor­ten? Was bringt Umsatz, der uns die Trans­for­ma­ti­on finan­zi­ell über­haupt ermög­licht? Schließ­lich: Was sind die Din­ge, die wir vor­an­brin­gen müs­sen? Essen­zi­ell ist eine Stra­te­gie, die ver­kraft­bar ist. Und Men­schen zu über­zeu­gen und emo­tio­nal für die Sache zu gewinnen.

Ihr Coa­ching besteht also zu einem nicht uner­heb­li­chen Teil aus Überzeugungsarbeit?

Um eine Trans­for­ma­ti­on zu errei­chen, brau­chen wir die Zustim­mung der Ent­schei­der. Ohne die Unter­stüt­zung des Geschäfts­füh­rers, des CEO, des Fir­men­in­ha­bers funk­tio­niert es nicht. Des­halb ist es wich­tig, die­se von Beginn an ein­zu­bin­den, sie argu­men­ta­tiv abzu­ho­len und schließ­lich gemein­sam eine Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie zu ent­wi­ckeln. Wenn Füh­rungs­kräf­te und Mit­ar­bei­ten­de dahin­ter­ste­hen, dann ent­steht eine kraft­vol­le, nach­hal­ti­ge Unter­neh­mens­kul­tur. Dabei hel­fen wir, das ist unser Job.

Mit Ihren Ange­bo­ten im Netz möch­ten Sie offen­sicht­lich wei­te­re Mit­strei­ter gewin­nen.

Um die Wirt­schaft im Sin­ne von Mensch und Natur nach­hal­ti­ger zu gestal­ten, tei­len wir ger­ne unser über Jah­re gewach­se­nes Know-How. Wie etwa mit unse­ren 20-Minuten-Impulsen, einer regel­mä­ßi­gen Online-Veranstaltung mit abwech­seln­den Schwer­punk­ten zur nach­hal­ti­gen Unter­neh­mens­füh­rung. Das bie­ten wir bewusst kos­ten­los an, denn: Je mehr wir wer­den, des­to besser!

Die 20-Minuten-Impulse rich­ten sich an Ent­schei­der, Nach­hal­tig­keits­ver­ant­wort­li­che in Unter­neh­men, sind aber auch für alle kli­ma­be­wuss­ten Men­schen inter­es­sant. Die Ter­mi­ne wer­den regel­mä­ßig über Lin­ke­dIn und XING bekanntgegeben.


Zu guter Letzt unser klei­ner neckar-alb.blog-Fragebogen an Ste­fan Urke:

Wel­ches Auto fah­ren Sie?

Tes­la Model 3

Wel­che klei­ne Bio­sün­de gön­nen Sie sich?

Ich gehe ger­ne und oft in mei­ne Sauna.

Wie sieht die Welt von mor­gen aus? 

Ich weiß es nicht! Es gibt vie­le posi­ti­ve Ent­wick­lun­gen, aber auch ganz vie­le Brem­ser. Gemes­sen an den Pro­ble­men unse­res schö­nen Pla­ne­ten ist vie­les „too litt­le – too late“.

Ihre Emp­feh­lung für einen wei­te­ren Blogbeitrag?

Der Bun­des­ver­band Nach­hal­ti­ge Wirt­schaft ver­tritt die Inter­es­sen ver­ant­wor­tungs­be­wuss­ter Unter­neh­men. Im Gegen­satz zu vie­len ande­ren Inter­es­sen­ver­bän­den hat der BNW nicht mög­lichst laxe Regeln, son­dern hohe Nach­hal­tig­keits­stan­dards für alle auf der Agenda.

Bild: Ste­fan und Jan Urke, © URKE

Elke Schwar­zer

Fak­ten zu URKE

Das Insti­tut Urke im hes­si­schen Wet­ten­berg, das sind Vater Ste­fan und Sohn Jan, mit Fokus auf Coa­ching zu einer nach­hal­ti­gen Unter­neh­mens­füh­rung. Ste­fan Urke hat nach einem BWL-Studium im Ver­kaufs­ma­nage­ment gear­bei­tet. Es folg­te eine Aus­bil­dung zum Management-Coach. Er ist seit über 20 Jah­ren selbst­stän­dig, mit Schwer­punkt Füh­rungs­kräf­te­ent­wick­lung. Sohn Jan bezeich­net sich selbst als Digi­tal Nati­ve und ent­wi­ckelt unter ande­rem Online-Bildungsangebote. Bei­de haben die Zusatz­qua­li­fi­ka­ti­on der Uni­ver­si­ty of Cam­bridge zum Busi­ness Sus­taina­bi­li­ty Mana­ger. Ihr gemein­sa­mes Ziel ist es, Unter­neh­men und Men­schen bei einer erfolg­rei­chen Trans­for­ma­ti­on zu unter­stüt­zen sowie nach­hal­ti­ge Unter­neh­men zum Erfolg zu verhelfen.

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